Die Zachäuskirche in Sauerlach

Das Bau-Ensemble

Der viereckige Kirchenraum von 9,4x8,3 m wird von einem steilen, offenen Satteldach überdeckt, das innen mit Holz verkleidet ist und den Blick nach oben frei macht. Vor der östlichen Giebelwand steht der um zwei Stufen erhöhte Altar, betont durch einen Wandbehang mit Applikationen in den liturgischen Farben und mit dem bronzenen Altarkreuz des Kunstschmiedes Manfred Bergmeister. Daneben steht rechts ein Natursteinblock, der das bronzene Taufbecken trägt.

Auf der linken Seite, etwas vorgerückt schließlich der Ambo, für beides: Schriftlesung und Predigt. Altar, Ambo und Taufstein aus bodenständigem Nagelfluh sind nach Entwürfen des Architekten Franz Lichtblau geschaffen. - Später kam noch das "Ecclesia"-Bild der Künstlerin Frau Linz hinzu. So ist ein harmonisches liturgisches Ensemble evangelischer Prägung geschaffen: der Ambo für die Verkündigung und Deutung des Wortes Gottes aus dem Evangelium, der Altar für das Sakrament des Abendmahls, der Taufstein für das Sakrament der Taufe, das Kreuz der Erlösung, dem sich die Gemeinde entgegen bewegt.

Fünf Bankreihen im Kirchenschiff und 2 Wandbänke füllen den Raum, der von drei großen seitlichen Fenstern erhellt wird. Mit den Bänken wurden 85 Sitzplätze geschaffen, die sich durch Bestuhlung insbesondere im hinteren Erweiterungsraum um bis zu 50 und weitere 30 Sitze auf der Empore verdoppeln lassen.

Den Hauptschmuck bildet das Sgraffito auf der Emporenbrüstung. Dieses Sgrafitto mit Darstellungen aus der Zachäus-Geschichte wurde, wie auch der Wandbehang, von dem Künstler Hubert Distler geschaffen, von dem sich im bayerischen Oberland so viele Kunstwerke vor allem in evangelischen Kirchen finden. Unter der Empore sind der Gemeinderaum, der bei Bedarf zum Kirchenraum geöffnet werden kann, und weitere Nebenräume eingebaut. 1986 wurde hier ein kleiner Gemeindesaal nach Norden angefügt.

An der Süd-West-Ecke des Kirchenraumes schließt sich die Sakristei an, über die man in das ehemalige Mesnerhaus gelangt, das später umgebaut wurde und neben einer Küche und einem Pfarrbüro noch zwei Besprechungszimmer enthält. Von der Südwestseite her gelangen die Kirchenbesucher, wettergeschützt durch eine Westwand und unter einem Überdach, in den Kirchenraum. Zwischen diesem Durchgang und dem früheren Mesnerhaus öffnet sich der kleine Kirchhof mit angelegten Blumenrabatten, Sitzbank. In diesem Hof, der gegen die Kirchstraße durch eine kleine Mauer abgeschirmt ist, wurde schließlich noch der Maulbeerbaum gepflanzt.

Später kam dann noch das Pfarrhaus hinzu, etwas abgesetzt nach Osten. Zwischen Pfarrhaus und Kirche mit Mesnerhaus ist ein kleiner ruhiger Garten für die Pfarrfamilie entstanden, durch eine etwas höhere Mauer geschützt gegen den Bahndamm im Norden. Alle Gebäude sind mit Schindeln gedeckt, die wie Gold glänzten, als sie noch neu waren – eine schöne Reminiszenz an die Mosaike in den frühen christlichen Kirchen.

Zachäuskirche – mit Mesnerhaus (heute Büro) und Pfarrhaus

Kirchenraum

Nein, groß ist sie nicht. Die etwa 80 Sitzplätze reichen meist ja auch gut aus für die Gottesdienstteilnehmer in Sauerlach. Doch für die besonderen Gottesdienste, z.B. an Weihnachten, zu Konfirmationen, für Konzerte oder zu Gemeindefesten kann die Bestuhlung auf das Doppelte erweitert werden. Und überladen wirkt sie auch nicht. Und das ist gut so. So fallen die wenigen Ausstattungstücke mehr ins Gewicht, und ins Auge. Dem Besucher eröffnet sich eine Kirche, die eine gewisse Geborgenheit vermittelt (sie hat nur drei Fenster) und gleichzeitig eine wohltuende Geräumigkeit aufweist. Das hohe Kirchendach und die weiß gestrichenen Wände tun das ihre dazu.

Der Gottesdienstraum spiegelt klar und deutlich wieder, was für den evangelischen Altarkreuz Gottesdienst prägend ist: Die Gemeinde sammelt sich an dem Ort, wo die beiden Sakramente, Taufe und Abendmahl, praktiziert werden, und die Predigt, die Auslegung und Erklärung der Heiligen Schrift, gehört wird. So hat der Architekt Franz Lichtblau evangelisch-lutherische Theologie gleichermaßen in Architektur umgesetzt. Wir sehen an der Stirnseite die sogenannten evangelischen Prinzipalien, die wichtigsten Einrichtungsteile evangelischer Liturgie: Kanzel (hier ein Ambo), Altar und Taufstein nebeneinander, in einheitlichem Material, dem einheimischen Nagelfluh.

In der Mitte, um zwei Stufen erhöht, der Altar, ausgestattet mit 4 Kerzen und einem Altarkreuz, in Bronze gestaltet von Manfred Bergmeister aus Ebersberg. Eine wohltuende Ruhe geht aus von Christus, der eher den romanischen Christusdarstellungen nachempfunden ist, der weit die Arme ausbreitet, und erhabenen Hauptes der versammelten Gemeinde entgegenblickt: "Ich lebe, und ihr sollt auch leben."
Und wenn das Hl. Abendmahl gefeiert wird, sind rechts und links vom Altarkreuz der Abendmahlskelch und die Schale für die Hostien zu sehen. Mehr nicht. "Nehmt und esst, dies ist mein Leib. Nehmt und trinkt, dies ist mein Blut."

Das Taufbecken ist wie das Kreuz aus Bronze geschmiedet und ruht auf einem Sockel aus Nagelfluh. Auch hier begründet eine schlichte und klare Form die stille Schönheit des Taufortes, an dem den Täuflingen der Segen Gottes über ihrem Leben zugesagt wird. Martin Luther: "Wasser allein tut‘s freilich nicht, sondern das Wort, das mit und bei dem Wasser ist.“ Und so ein Wort könnte ja sein: “Der Herr hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen."

Wandteppich

Die Kanzel auf Altarebene darf wohl eher als Pult, oder als Ambo bezeichnet werden. Auch hier äußerste Schlichtheit. Allenfalls die Andeutung eines Antependiums (lt. Vorhang) wie wir es, etwas größer, auch am Altar sehen. Die Antependien sind in den wechselnden liturgischen Farbengehalten: weiß für die Christusfeste (Weihnachten, Epiphanias, Ostern)  rot für die Kirchenfeste (Pfingsten, Reformationstag, Tag der Kirchweihe, Konfirmationen), violett  (Adventszeit, Passionszeit, Buß- und Bettag), sowie grün für die übrigen Zeiten des Kirchenjahres.

In den liturgischen Farben ist dann auch der hohe Altarwandteppich gehalten, entworfen vom Kirchenmaler und –graphiker Hubert Distler (1919 – 2004).Ein gleichseitiges Kreuz bestimmt das Bild, und unmittelbar dahinter ("am dritten Tag") die Sonne der Auferstehung, die mit ihrem Licht auch das Kreuzesgeschehen in hellem Schein erstrahlen lässt. Darunter ist dargestellt das Heilige Abendmahl: links die Brote mit den Ähren, rechts der Kelch mit den Trauben. Auch während des Abendmahls steht die Hostienschale links und der Kelch rechts auf dem Altar. Und über allem die Taube, das Symbol des Geistes Gottes zu Pfingsten, der sich in Form von Feuerzungen, ganz unten, auf die 12 Jünger legt, die wiederum stellvertretend für die Christen der Erde stehen.

Orgelempore, Zachäusfries

(links:) Jesus heilt den Blinden. - Mit Jesus wird das verheißene Reich Gottes sichtbar. (mitte:) "Zachäus, schnell! Komm herunter!   Ich muss heute in deinem Hause Rast machen." (rechts:) Die Mahlgemeinschaft ist Zeichen dafür, dass jeder eingeladen und aufgenommen ist von Gott.

Eine Besonderheit ist ein Sgraffito, das sich über die gesamte Breite der Emporenbrüstung erstreckt. Es stammt ebenfalls von Hugo Distler und erzählt die Geschichte von der Begegnung Jesu mit dem Zöllner Zachäus.

Ein Sgrafitto ist ein Kratzputz, der ursprünglich eine historische Technik zur Bearbeitung von  Wandflächen darstellte und zu den Stucktechniken zählt. In der  Renaissance des 16. Jhdts. in Italien zu Hause, hat es sich dann vor allem in Bayern weit verbreitet. Mehrere Schichten von unterschiedlichem Putz werden auf die Mauer aufgetragen, und dann wird vom Handwerker nach Vorlage des Künstlers die oberste Schicht mit verschiedenen Werkzeugen abgekratzt. Fertig ist das Bild.

"Ecclesia"-Kreuz

Nicht 50 Jahre, aber doch schon wieder 10 Jahre ist ein ganz anderes Bild gestalterisches Element der Zachäuskirche: "Ecclesia" (lateinisch. Gemeinde), das von Claudia Linz entworfene, gemalte und in gemeinsamer Aktion von Gemeindegliedern mit gestaltete dreidimensionale Kunstwerk.

Auf dem Hintergrund des Kreuzes zeigt es die Zuwendung „des Göttlichen“ in seiner klaren Helligkeit zu den vielfältigen Menschen, die sich ihrerseits ihm zuwenden, ihm entgegengehen.

Somit ist es ein Bild, das für die drei kirchlichen Hauptfeste gleichermaßen spricht: für Weihnachten, Ostern und Pfingsten, aber auch Ausdruck sein kann für jeden einzelnen Menschen, der sich Gott im Glauben zuwendet.

"Zachäus": hebräisch Zakkai „der Gerechte“. Zachäus und der Maulbeerbaum

Fast etwas unscheinbar steht sie da, bescheiden, die Zachäuskirche an ihrem Platz kurz vor der Bahnunterführung. Was gar so alltäglich klingt bekommt plötzlich eine besondere Idylle. Neben allen anderen architektonischen Ideen ist sicher der Innenhof das Aushängeschild dieser kleinen Kirche. Steht in ihr doch ein Maulbeerfeigenbaum, der nach 50 Jahren schon fast zu groß ist.
Und groß war er nicht, der Zöllner Zachäus, nach dem die Kirche benannt ist. Was im Lukas-Evangelium als eine der Geschichten beschrieben ist, die Jesus Christus ausmachen, wird hier erneut greifbar. Ganz besonders auch durch die schlichten Figuren von Claudia Linz, die in den Sommermonaten unter dem Baum stehen. Sie geben Raum dafür, sich in die Geschichte hineinzudenken und zu fühlen.

Nicht ohne Grund ist die Sauerlacher Kirche nach diesem gar nicht so heiligen Mann benannt. Auch der, der anderen das Geld aus der Tasche gezogen hatte, durfte zu Gott zurückkehren. Genau zu ihm ist Jesus zum Essen gegangen. Genau zu ihm, der sich noch gar nicht geändert hatte. Nur neugierig auf diesen Jesus war er gewesen und auf den Maulbeerfeigenbaum geklettert, weil ihn die Leute nicht nach vorne gelassen hatten. Nur so hatte er etwas sehen können.

Was mit dieser etwas albernen Selbsterhöhung beginnt, endet mit einer großen Entlastung. Jesus nimmt ihn in die Gemeinschaft wieder auf, obwohl er das seine noch dazu tun muss. Und das überzeugt Zachäus. Und er nimmt wirklich Abstand von seinem diebischen Verhalten.

So ist auch heute 2000 Jahre später der Kirchhof mit dem Zachäus-Erinnerungs-Baum ein Ort, wo Menschen willkommen sind, die sich zunächst vielleicht gar nicht in die Kirche trauen. Der idyllische Hof ist Zeichen, dass jeder zu Gott kommen darf. Und so steht der Baum auch für die Aufgabe der Kirchengemeinde, diese Offenheit weiterhin zu leben.

Textquelle: Festschrift "50 Jahre Zachäuskirche" von 2013

 

Anfahrt zur Zachäuskirche




Detailansicht von Sauerlach

 

Adresse: Kirchstr. 42, 82054 Sauerlach