Wer singt, betet zweimal

„Singen ist die eigentliche Muttersprache des Menschen“, hat der berühmte Violinvirtuose und Dirigent Yehudi Menuhin einmal gesagt.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber ich fing als kleines Kind an zu singen und habe nie wieder damit aufgehört. Das Singen begleitet mein ganzes Leben. Meine Mutter brachte mir recht früh auch Lieder bei, bei denen mir gar nicht bewusst war, dass es Lieder aus dem Gesangbuch waren. Mit „Weißt du, wieviel Sternlein stehen“ bin ich in den Schlaf gesungen worden. Waren wir unterwegs, haben wir fröhlich miteinander gesungen „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit“.

Mittlerweile habe ich mich viel mit dem Singen beschäftigt und habe gelernt: es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Singen gesund ist. Es werden dabei Hormone wie Endorphin und Dopamin im Gehirn ausgeschüttet, die Glücksgefühle auslösen. Außerdem werden von Menschen, die gemeinsam singen, geringere Mengen des Stresshormons Cortisol produziert. Singen entspannt, macht glücklich, löst Ängste und vieles mehr.

Deshalb ist es auch so schade, wenn es passiert, dass Kinder zu hören bekommen: „Du kannst nicht singen!“ Wie oft helfen wir unseren Kindern, wenn sie das Laufen lernen und hinfallen, auszustehen und es wieder und wieder zu probieren. Beim Suchen nach der eigenen Stimme fehlt diese Unterstützung leider oft. Dabei kann jede und jeder Singen lernen – oder zumindestens Freude daran haben.

Wenn wir uns an die Corona-Zeit erinnern: da haben doch die meisten von uns das gemeinsame Singen der Gemeinde in den Gottesdiensten schmerzlich vermisst. Noch dazu, da wir mit unserem Gesangbuch, wie ich finde, ein wirkliches Schatzkästchen in den Händen halten mit einer Fülle von Liedern und zusätzlichen Texten und Bildern zum Nachsinnen. Nicht umsonst heißt es auch, wer singt, betet zweimal. Manchmal fehlen vielleicht die Worte für ein Gebet. Mit der Musik unterlegt lässt sich manches viel leichter sagen.

Und wie schön, wenn nach der Vorarbeit an einzelnen Stimmen im Chor sich plötzlich alle harmonisch vereinen und gemeinsam das Lob Gottes verkünden. Nicht nur bei uns, sondern in den meisten Kulturen ist Gesang eine besondere Form der religiösen Kommunikation. Also lasst uns gemeinsam singen, frei nach Psalm 147: „Hallelujah! Ja, es ist gut, unserem Gott Loblieder zu singen! Ihn zu loben, macht froh und ist wunderschön.“

Gisela Stübing, Chorleiterin und KV